Sinéad O’Connor – zu früh abgestempelt

Sinéad O'Connor - Nothing compares to you

Unter dem Druck der Öffentlichkeit

Sinéad O’Connor, eine ausdrucksstarke Frau mit klaren Ansichten, die ihr fast die Karriere kosteten. In einer oberflächlichen Welt, wurde sie vorverurteilt. Niemand stellte sich hinter ihr und heute tut es uns leid.

Der Tag, an dem sie die Meinungen spaltete

Ihre öffentlichen Auftritte und provokanten Aussagen mögen auf den ersten Blick verstörend erscheinen. Dahinter verbarg sich jedoch eine Aktivistin mit einer klaren Mission. Um auf den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hinzuweisen, zerriss sie das Bild des Papstes während einer Live-Performance in der Saturday Night Live-Show.

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Was folgte war ein medialer, öffentlicher Shitstorm. Nur wenige Menschen hinterfragten ihre Aktion und verstanden den tieferen Sinn dahinter. Heute erweist sich ihre Aktion geradezu als prophetisch.

Sie konvertierte zum Islam

In der Welt der flüchtigen Trends und kurzlebigen Moden der Musikindustrie, zeigte Sinéad O’Connor wahre Größe. Sie weigerte sich beharrlich, den Erwartungen der Branche zu entsprechen und blieb standhaft bei ihrer Musik, ihren Aktivitäten, Botschaften und Meinungen.

Ihre Offenheit und Ehrlichkeit bezüglich ihrer persönlichen Kämpfe und Schwächen waren neu. Sie sprach öffentlich über ihre psychische Gesundheit, ihre sexuelle Identität und ihre Konversion zum Islam. Trotz ihres Mutes, Tabus zu brechen und wichtige gesellschaftliche Themen anzusprechen wurde sie verurteilt und gemieden.

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Von der Öffentlichkeit missverstanden

Mit einer klaren Stimme, führte Sinéad O’Connor ein Leben, das die Öffentlichkeit in zwei Lager spaltete. Diejenigen, die sie als unbeugsame Provokateurin ablehnten und beschimpften. Und diejenigen, die sie als Visionärin und mutige Kämpferin verstanden und bewunderten.

Vom Vater verlassen, von der Mutter misshandelt

Zur Wahrheit von Sinéad O’Connor gehört ihre Vita. Sie wurde 1966 in eine Familie als drittes von fünf Kindern geboren. Der Vater verließ die Mutter Marie Mitte der 1970er Jahre für eine andere Frau, die er heiratete und ein weiteres Kind bekam. Eine Scheidung gab es im damaligen Irland nicht und die Kinder wurden der Mutter zugesprochen.

In einer US-Show des TV-Psychologen Dr. Phil, offenbart Sinéad O’Connor das Martyrium ihrer Jugend. Jahrelang war sie das Opfer von Misshandlungen der Mutter, sowohl physisch, als auch emotional. Sie spricht von einem „endlosen Rad des Missbrauchs“.

Neben Misshandlungen der Mutter, erfuhr Sinéad O’Connor mehrmals Misshandlungen von Fremden in ihrer Heimat Irland. Der kurze Haarschnitt wurde zu einem Schutz für sie.

Als die Mutter starb, hatte die 19 jährige O’Connor ihr trotz der Qualen vergeben. „Sie warte auf den Tag, an dem sie in den Himmel komme und ihre Mutter dort wiedersehen könnte.“, so Sinéad O’Connor.

Barbara Streisand – ein Idol

Sinéad O‘Connor liebte Musik. Unter anderem die Musik von David Bowie, Elvis Costello, Bob Marley und John Lennon. Alles großartige Musiker, Künstler und Persönlichkeiten mit Botschaften.

Barbara Streisand war als Sängerin ihr Vorbild und sie nahm Gesangsunterricht. „Jahrelang konnte ich nur schreien“, sagte sie selbst über sich und ebenfalls: „Ich weiß bereits, dass das Singen etwas ist, das mich von den Menschen wegbringen wird.“

Kurz vor der Geburt des Kindes, erschien mit „The Lion And The Cobra“ eins der besten Debütalben aller Zeiten. Sinéad O’Connor schrieb fast alle Songs allein. Die Kritiker*innen lagen ihr zu Füßen und feierten ihre kraftvollen Balladen und kritischen Texte. Schnell zog sie ein großes Publikum an und etablierte sich als aufsteigende Künstlerin. Das war 1987, drei Jahre vor „Nothing Compares 2 U“ und Sinéad O’Connor trat erstmals mit rasiertem Kopf auf.

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All died, when you went away

„Meine Coverversion von ‚Nothing Compares 2 U‘ war ein Lied, das ich bei Konzerten immer meiner Mutter widmete – und auch heute noch singe ich es für sie“, schreibt Sinéad O’Connor in ihrem Buch „Rememberings“. Und auch das Erfolgsalbum „I Still Do Not Want, What I Haven’t Got” ist ein Zitat der Mutter aus einem Traum von Sinéad O’Connor.

Im April 2020 nach einem Krankenhausaufenthalt, hatte sie noch 8.000 Dollar auf dem Konto und es flatterte eine Rechnung für 2.000 Dollar Heizkosten ins Haus.

Der Lockdown kam, als sie beschloss wieder Konzerte zu geben. Im Januar 2020 brachte sich ihr erst siebzehnjähriger Sohn Shane um. Am Boden zerstört, erklärte sie: „Ich werde nie mehr auftreten. Ich habe nichts mehr, worüber ich singen könnte.“

Am 26. Juli ’23 verstarb Sinéad O’Connor aus ungeklärter Ursache im Alter von 56 Jahren in London. Sie wurde in Bray in Irland beigesetzt, wo sie 15 Jahre ihres Lebens verbrachte.

Kurz vor ihrem Tod sahen Nachbarn wie Sinéad O’Connor lächelnd durch die Straßen ging.

Nothing Compares 2 U

„Nothing Compares 2 U“ ist zweifellos eine der ergreifendsten und ikonistischen Interpretationen eines Songs, der ursprünglich von Prince geschrieben wurde. Es ist Sinéad O’Connors geniale Fähigkeit den Song zwischen geballter Kraft und zerschmetternder Zerbrechlichkeit pendeln zu lassen. Die Stimme ist mal ein flammendes Schwert, mal anschmiegsame Gefährtin und lässt den Zuhörer das dunkle, tiefe Tal der menschlichen Erfahrung von Verlust und Sehnsucht fast körperlich spüren und erleben.

Das Video

Das Video. Die Szenerie des Videos entfaltet sich im malerischen Pariser Stadtteil Parc de Saint-Cloud. Die Kamera fängt Sinéad O’Connor ein, wie sie in einem langen Mantel zwischen antiken Statuen wandelt.

Doch der denkwürdigste Moment dieses visuellen Meisterwerks entstand im Studio. Eine Fotografin wurde eigens dafür engagiert, um das Gesicht von Sinéad O’Connor in einer fesselnden Nahaufnahme festzuhalten. Es sollte eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen. Als die bewegenden Zeilen „all the flowers“ im Playback erklangen, liefen der Sängerin die Tränen.

Diese verletzliche Mimik der Sängerin tragen zur überwältigenden, emotionalen Kraft des Videos bei. Das schlichte Konzept des Videos verstärkt die Intimität des Songs und zieht den Zuschauer noch tiefer in die Strömung der Emotionen hinein. Es ist ein visuelles Meisterwerk, das die Schönheit der Einfachheit einfängt und Sinéad O’Connor in ihrer ganzen menschlichen Tiefe zeigt.

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Sinéad O’Connors‘ Botschaft

In unserer Welt, die immer oberflächlicher und kommerzieller zu werden scheint, in der jede Meinung ungefiltert Raum findet, in der Menschen allzu schnell verurteilt und in Schubladen gesteckt werden, hat Sinéad O’Connor einen Eindruck hinterlassen.

In einer Welt, die so oft von Oberflächlichkeit und Konformität geprägt ist, bleibt Sinéad O’Connor ein leuchtendes Beispiel für die Kraft der Individualität und des künstlerischen Ausdrucks.

Autor: Thomas Alles

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