CEMNOZ – Eroberer einer Epoche

CEMNOZ – Eroberer einer Epoche

David Kammerer alias Cemnoz ist ein Graffiti-Künstler, der zwischen München und Berlin pendelt. In München geboren, zieht es ihn dennoch in die Hauptstadt. Hier und dort hat er mit Graffiti und ein wenig furchteinflößendem Schauspiel, Eindruck bei der Berliner Presse hinterlassen und vor allem eine Szene geschaffen, die in die Geschichte der Graffiti-Kunst in Europa eingehen sollte. Cemnoz gehört in der Münchner Graffiti-Bewegung zu den alten Hasen. Warum er der Eroberer einer Epoche ist und diese auch nachhaltig verändert hat.

David Kammerer alias Cemnoz - Graffiti-Künstler aus München

Die Geburtsstunde des Graffiti in München

Er ist der Kolumbus in der Graffiti-Szene, er hat unbekanntes Terrain etabliert und das aus mehr oder weniger „reinem Zufall“.  Vor fast vierzig Jahren, Cemnoz war siebzehn zarte Jahre alt, fällt dem damaligen Punker ein CD-Cover von einer Band aus Übersee in die Hände. Der Style, den Cemnoz dort entdeckte, begeisterte ihn sofort und so begann er zu zeichnen. Der Film „Wild Style“ kam ebenfalls in die Kinos. Unzählig oft hat Cemnoz ihn in der Nachmittagsvorstellung gesehen. Sein zeichnerisches Talent wurde ihm in die Wiege gelegt. Seine Mutter, die Künstlerin war, hat ihm das Malen beigebracht. Cemnoz’ Stil ist unverwechselbar: unfassbar wilder Style, der extrem detailliert und filigran wirkt und in dessen Chaos immer eine Gerade erscheint, die die Stringenz eines Konzepts erklärt. Widersprüchlich, kontrastreich, farbenfroh und unverkennbar. 

Zeichnung von Cemnoz - Graffiti I Style

Es brauchte fast ein Jahrzehnt bis die Straßenkunst aus New York Europa erreichte. So aber waren München, Amsterdam und Paris die ersten drei Städte in Europa, die in den achtziger Jahren zeitgleich dem Graffiti ein Leben gaben. Die Städte haben sich damals vernetzt indem sich die Künstler zunächst Briefe schrieben und dann einander besuchten. Oldschool eben!

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Cemnoz über die Philosophie hinter der Kunst

MBG – MilchBubyGuys gründeten eine „Crew“

Der Ruf der Kunst nahm zu Beginn großen Schaden. Es gab kaum freie Flächen, also benutzten die Sprüher Bahnen und deren Schächte als Leinwände. Die Sprayer kamen plötzlich in Scharen, weshalb sich auch die Stadt München der Thematik annehmen musste und sowohl die erste große freie Fläche freigegeben hat, aber auch den Vandalismus an den illegalen Flächen bekämpfte. Die Flohmarkthallen in der Dachauer Straße wurden auch Cemnoz’ „Wall of Fame“ und zusammen mit vier weiteren Freunden sprühten sie unter dem Namen MilchBubyGuys – MBG. Hinter dem Pseudonym, der wie eine schlechte Boyband klingt, stecken tatsächlich fünf hoch talentierte Künstler, die Graffiti qualitativ in die höhere Liga katapultierten. Neben Cemnoz gehörten Don M. Zaza, LOOMIT, NEON und CHEECH zu MBG. „Wen du nicht bekämpfen kannst, mit dem tust du dich zusammen“, scherzte David als ich ihn auf die Auslese der Sprayer angesprochen habe.

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Rückzug aus München

Nach Berlin ist Cemnoz dann wegen eines „gebrochenen Herzens“ gegangen oder vielmehr ob der Enttäuschung nichtrealisierbarer Projekte. Die Jugendkultureinrichtung „Färberei“, die sich über Jahrzehnte für die Streetart einsetzte, wurde von Cemnoz stark unterstützt und mit aufgebaut. Das hauseigene Graffiti-Atelier hat nicht die erhoffte Entwicklung genommen. Die Künstler waren zu sehr Einzelkämpfer als, dass die Vorschläge von Cemnoz, eine Community zu kreieren, angenommen wurden. Das war der Startschuss für einen Lebenswandel.

Nächster Stopp – Berlin! 

Der Graffiti-Trend in Berlin setzte sich erst in den neunziger Jahren durch. In der Hauptstadt lebte Cemnoz unter anderem im bekannten Teufelsberg, den er und weitere Künstler gepachtet und für Events untervermietet hatten. Dort hat er auch Graffiti und Streetart etabliert, damit aus dem Teufelsberg wurde was er heute ist – eine Attraktion für Touristen! Cemnoz schlüpfte von nun an in die Rolle seines Alter Egos. Als toter General trat er immer wieder auf linken Demos auf und entsetze die Berliner Presse mit seinem skurrilen Look. 

Jahre später wurde Cemnoz als Star gefeiert. Nämlich als er plötzlich im Kulturreferat von München eine Position erwarb und für die Vergabe der Gelder für Streetart-Künstler zuständig gewesen ist. Ein Mann, der aussieht wie ein Waldschrat und auch ähnlich lebt – ein bärtiges Wesen, das mit seinem Gehstock durch die Straßen watet und im Geiste so frei ist wie Bob Marley – wenn ihr versteht was ich meine ;-). Für die Szene war das DIE Geschichte. Lange ist er nicht geblieben, einen kleinen Meilenstein hat Cemnoz dennoch erreicht. Das einstige Budget von 80K Euro wurde mittlerweile auf 180K Euro erhöht. 

Heute macht Cemnoz hauptsächlich Collagen. Die nächste Ausstellung folgt sehr bald. Ich werde berichten. 

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Sabine Hanse
Sabine Hanse

Als „Jette“ tingele mit meiner Gitarre durch die Bars und begleite mich zum Gesang. Heartelier Magazine schreibt über Musiker*innen auf der ganzen Welt.

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