„Every Breath You Take“ – Liebeslied oder Red-Flag-Alarm? Im Radio läuft der Song von The Police aus dem Jahr 1983. Sänger Sting komponierte den Rockklassiker für das sechste und letzte Album „Synchronicity“. „Every breath you take“ wurde als Single ausgekoppelt und marschierte als Hit über den gesamten Globus.
Eine leicht düstere, monochromatische Atmosphäre bildet den Rahmen der Geschichte eines krankhaften, obsessiven Liebhabers, der jeden Atemzug und jede Bewegung seiner Partnerin beobachtet und verfolgt.
Die charakteristische, sich schlängelnde Gitarrenlinie von Andy Summers, das zurückgenommene Spiel von Drummer Stewart Copeland und der fragile Gesang von Sting, erzeugen das subtile Gefühl von Bedrohung. „Every Breath you take“ ist seicht, fast blass arrangiert und legt sich wie eine wärmende Decke über die Hörer*innen, in die sie sich schützend zugleich genüsslich einlullen. Gerade diese vermeidliche Schwäche, die Ambivalenz der Gefühle, macht den Song zeitlos.
In einer halben Stunde komponiert
„Every breath you take“ läuft im angenehmen Midtempo – ein bisschen groovy, aber nicht zu viel. Der Song hat aber noch eine herausragende Eigenschaft, die ihn zum Diamanten macht: „Every breath you take“ kann man zu jeder Tageszeit hören. Als early-morning-wake-up-song, auf der Arbeit, im Supermarkt, auf der Fahrt nach Hause und abends im Club. Sting selbst sagte über den Song, dass die Melodie gewöhnlich sei. Und auch wenn der Song nachts in einer halben Stunde am Klavier geschrieben war, führte das Arrangement der Instrumentalisierung fast zum Zerwürfnis zwischen dem Schlagzeuger Stewart Copeland und Sting.
Ein zeitloser Klassiker
Folgerichtig wurde das Lied zum zeitlosen Rock-Klassiker, der unzählige Male gemixt und neu interpretiert wurde. Eine der bekanntesten Versionen ist der weltweite Hit „I’ll be missing you“ von Rapper Puff Daddy, das als Tribut an den Rapper Notorious B.I.G. erinnert. Der Rapper wurde im Alter von 24 Jahren erschossen.
Weitere bekannte Coverversionen von „Every Breath You Take“ sind die von Robert Downey Jr. auf dem Film-Soundtrack „Kiss Kiss Bang Bang“. Da The Police Reggae-Elemente auf ihrer Palette der Klangfarben hatten, funktionieren entsprechende Versionen des jamaikanischen Stils, wie die von Betty Wright oder UB40 formidabel. Selbst Show-Giganten wie Gloria Ganyor, Amii Stewart und Tony Christie haben den Song gecovert.
Es gibt sehr schillernde Interpretationen von „Every Breath You Take“, wie die Instrumental-Version von The Shadows oder die Düster-Variante von Chase Holfelder, der den Song in einer Moll-Tonart singt. Exqusit sind die Versionen von José Feliciano mit Akustikgitarre oder die atemberaubende Version von Scala & Kolacny Brothers, die mit einem Kinderchor dem Song eine Schönheit verleihen.
Stay toxic!
„Every Breath You Take“ bleibt ein Song für die Ewigkeit. Der Begriff Toxizität ist ein wahrer Trendbegriff und wird teilweise missbräuchlich verwendet. Partner*innen, Familien, Freundschaften werden schnell als toxisch bezeichnet. Gleichermaßen ist es nicht immer einfach, in einem innigen Vertrauensverhältnis nicht auch mal versehentlich toxisch zu werden. 1983 gab es weder den Begriff, noch das Bewusstsein für eine solche Verhaltensweise. Deshalb gilt der Song noch heute als ein Liebeslied, wenngleich er von einer schwer greifbaren Obsession handelt. Hinterfragt euch, euer Handeln und eure Gefühle. Habt ihr das Lied alle richtig verstanden? Brav! Jetzt dürft ihr ihn auch hören. In diesem Sinne: Stay toxic!